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Channel: Die Raummaschine
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Entworfen, Verworfen

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Bloggen ist nicht leicht. Bis ein Text zur Veröffentlichung bereit ist, ist es ein langer, mühsamer Weg. Das größte Hindernis auf dem Weg dorthin? Vermutlich würden die meisten "Ideenmangel" antworten. Da würde ich widersprechen, aber das ist ein anderes Thema. Was ist das, was mich am meisten vom Bloggen abhält?

Entwürfe.

Ein halbes Dutzend Rezepte, teilweise mit gar nicht mal so schlechten Fotos für mein gar nicht mehr existierendes Kochblog. Ein paar angefangene Zeilen für Musikempfehlungen, die auf stereolog.net landen sollten. Zwei kurze Blogposts über den Umzug nach Berlin. 679 Wörter über Kill la Kill, 685 Wörter zu Kentucky Route Zero und ganze 1520 Wörter widmetet ich bisher ShenMue. Das alles liegt in Dateien mit der Endung .markdown und verschiedenen WordPress-Blogs.

Nichts davon habe ich bisher veröffentlicht. Das meiste davon werde ich vermutlich niemals veröffentlichen.

Weggeworfen.

Meine Texte über meine irrationale Liebe zu Schallplatten oder die eigentliche Faszination von Adventure-Spielen lagen ähnlich lang herum. Gerade diese beiden Texte waren welche, die mir irgendwie wichtig waren. Warum, das weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich zu beiden Dingen eine merkwürdige Zuneigung empfinde, die ich rational nur zum Teil erklären kann. Vielleicht war diese übermäßige Zuneigung der Grund, dass ich anfing zu verkopft an die Texte zu gehen. Es waren Themen die mir wichtig waren, also sollten die Texte ihnen gerecht werden. Korrekturlesen. Gegenlesen. Drüberlesen. Nochmal lesen. Dieser Satz ist etwas komisch, diese Metapher etwas schief und den Witz versteht kein Mensch. Aber ich finde den Witz so gut, also lasse ich ihn vielleicht drin. Und die Metapher, das ist das was ich empfinde. Vielleicht streiche ich einfach beide Absätze. Repeat.

Am Ende zwang ich mich bei beiden Texten, sie zu veröffentlichen. Scheiß drauf, dachte ich mir. Und wirklich: worüber machte ich mir so einen Kopf? Erstens liest ja eh kaum jemand das was ich schreibe und zum anderen waren die Themen auf der einen Seite banal und auf der anderen persönlich - wozu also einen anderen Anspruch als meinen eigenen erfüllen?

Und natürlich bin ich mit beiden Texten unzufrieden. Aber veröffentlicht ist veröffentlicht und die Textdateien auf meinem Computer werde ich nie wieder ansehen, das weiß ich.

Rausgeworfen.

Der Post, den ich unter dem Titel Gedankenvetzen ins Internet warf, war eben genau das: ein Gedankenfetzen. Deshalb ist der Titel auch so schrecklich. (Ich bin nicht gut mit Titeln, erst recht nicht spontan). Ich saß da, sponn einen Gedanken laut vor mich hin, griff einen anderen im Gespräch auf, fand keine Diskussions_partnerin und diskutierte also mit mir selbst und meiner Tastatur. Zwei Bier später war der Text auf meinem Blog.

Was war hier anders?

Vielleicht das offensichtliche - ein spontaner Gedanke, eine spontane Gelegenheit und ein kleines bisschen Alkohol. Keine Chance, Zeit oder Fähigkeit, die Texte übermäßig zu zerdenken.

Quote me: Denken ist der Tod des Blogs.

Ende letzten Jahres habe ich herzteile ins Netz geworfen und konnte sogar ein paar tolle Menschen überzeugen mit mir zusammen Inhalte auf diese Seite zu werfen. Entstanden ist die Idee eines Spieleblogs teilweise aus der verbesserungswürdigen Situation des deutschsprachigen Spieleblogs an sich - es gibt zu wenige, und davon zu wenige gute. Aber der erste Gedanke war ehrlicherweise einfach, dass sich bei mir eine Menge Texte zu spielen angesammelt hatten. The Stanley Parable, Shelter, The Wolf Among Us, Brothers Contrast oder ganz Allgemein zum Sterben in Spielen... erst spielte ich, dann dachte ich, dann schrub ich auf. Und veröffentlichte. Und dachte nicht nach.

Das ist den Texten anzumerken, sie sind sprachlich sicherlich alles andere als poliert, auf jeden Fall nicht so poliert wie ich es meinem eigenen Sprachvermögen seit den guten Noten im Deutschunterricht (hihi) zutrauen würde. Sie sind sicherlich auch nicht so zuende gedacht, wie es meinem Intellekt möglich wäre (hoho). Aber sie sind Texte mit einem Anfang und einem Ende und einem Veröffentlichungsdatum. Merkwürdigerweise sind sie aber auch Texte, die ich nicht völlig furchtbar finde. Ich finde sie nicht großartig, sicher nicht, dafür bin ich zu selbst... "kritisch" (haha). Aber ich denke nicht weiter über sie nach.

Im Gegensatz zu den Texten, zu deren Veröffentlichung ich mich Zwang, weil die Alternative war sie niemals zu veröffentlichen, habe ich diese Texte wirklich veröffentlicht. Irgendwie damit abgeschlossen.

Veröffentlicht.

Von den vielen Blogs, auf denen ich viel zu selten schreibe, gibt es zwei, auf denen ich dieses Gefühl regelmäßig habe: das Musik-Blog Stereolog und der Tumblr Sofakissen spielt. Bei beiden Blogs schaffe ich es, Texte zu beginnen, zu beenden und zu veröffentlichen. Beide Blogs schaffen es, dass ich Tetxte beginne, beende und veröffentliche.

Vielleicht liegt es bei bei diesen beiden Plattformen an der Kürze der Beiträge, die bei beidem sicherlich auch mal etwas länger werden kann, aber nicht muss. Vielleicht liegt es an der Unverbindlichkeit. Ein Blog für Musikempfehlungen, was willst du da falsch machen? Ein Tumblr als Notizblock zu den Spielen, die ich gerade spiele, was soll da irgendwer erwarten? Vielleicht ist es auch eben dieser (fehlende) Erwartungedruck von außen. Dem Twitter-Account von @stereolog folgen knapp 30 Menschen, dem Tumblr etwa 20.

Ich kann es nicht genau an etwas festmachen, aber es ist eine angenehme Ungewissheit. Lange hat mir Bloggen nicht mehr so viel Spaß gemacht wie auf diesen beiden Plattformen. Das heißt nicht, dass die anderen mir egal sind. Ganz im Gegenteil. Die Entwürfe, die ich oben nannte, werde ich zumindest teilweise sicher irgendwann veröffentlichen. Wahrscheinlich werde ich nicht damit zufrieden sein. Wahrscheinlich werden sie ein paar Leser_innen ganz gut finden und andere total schlecht. Und sicherlich wird wieder kaum jemand mir die Meinung dazu sagen und ich werde einfach nur viel zu viel über etwas nachgedacht haben, über ein paar Buchstaben, die irgendwo durch das unendlich Internet schwirren und irgendwann bei einem Festplattencrash oder einem halbherzigen Serverumzog verloren gehen.

Lost like tears in rain, ihr kennt das ja. Der Holzwurm des digitalen Zeitalters. Blogs: overthinking for the masses. Das öffentliche Poesie-Album zum hemmungslosen rumschwurbeln. Oder vielleicht auch nur das dritte Glas Rotwein zu viel oder zu wenig. Je nachdem. Hey, whatever, nevermind.

Schweife ich ab? Ja, ich schweife ab. Aber immerhin hab ich's mal irgendwo aufgeschrieben.

Publish Now.

P.S.: Falls ihr welche findet: Tippfehler dürft ihr behalten.

P.P.S.: Mein Patreon dürft ihr gerne unterstützen. Ab 15$ mach ich mindestens eines meiner vernachlässigten Blogs wieder auf. Versprochen!


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